Körper wissen und spüren
Der Weg zur Endometriose-Diagnose zwischen performativem Körpererleben und subjektivem Leibempfinden
DOI:
https://doi.org/10.60837/curare.v47i1+2.3844Keywords:
Endometriose, Diagnose, Körper, Gender Health Gap, WissenAbstract
Endometriose bezeichnet eine geschlechtsspezifische chronische Krankheit, welche Schmerzen am ganzen Körper bis zur Unfruchtbarkeit auslösen kann. Obwohl 10 bis 15 % der Frauen und Personen mit Uterus betroffen sind, dauert es im Schnitt acht bis zehn Jahre bis zur medizinischen Diagnosestellung. Während dieser Zeit erleben die Betroffenen häufig einen langen Leidensweg und ‚Ärzt*innenmarathon‘. Der Artikel stellt einen Auszug meiner Forschungsarbeit dar, welche die Körper- und Selbsterfahrungen von Endometriose-Betroffenen von den ersten Schmerzen bis hin zur Diagnose untersucht. Aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive wird der Körper nicht nur als biologisches Objekt verstanden, sondern als sozial geprägter und geschlechtlich kodierter Körper. Theorien der Performativität und Subjektivierung verdeutlichen dabei, dass Geschlecht und Krankheit als soziale Kategorien verstanden werden müssen. Die Grundlage der Forschung bildet eine Kombination aus acht narrativen Interviews und einer reflexiven Autoethnografie, welche durch meine zweidimensionale Rolle als Endometriose-betroffene Forscherin ermöglicht wurde. Gerade beim Körpererleben der Interviewpartnerinnen zeigten sich Grenzen und Herausforderungen der Sprache, sodass eine autoethnografische Erweiterung als wertvolle Brücke für die Kontextualisierung diente. Die Analyse kombiniert poststrukturalistische Ansätze mit einer phänomenologischen Perspektive. Die Verschränkung eines einerseits diskursiv hergestellten Körperwissens als Körper mit der andererseits unmittelbaren Schmerzerfahrung am Leib der Betroffenen ermöglicht es, eine umfassendere Subjekterfahrung zu untersuchen. Diese Verschränkung von körperlichem Leiden und sozialem Wissen über den ,weiblichen Körperʻ zeigt, wie normative Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit performativ inszeniert und vergeschlechtlicht werden. Emotionen wie Scham, Schuld und Wahrnehmungsverzerrungen prägen das konflikthafte Subjektgefühl, das aus der Diskrepanz zwischen Körperwissen und Leibempfinden resultiert. Die Diagnose wird für die Betroffenen schließlich zu einer Subjektivierungserfahrung, in der sich Körper und Leib endlich decken.
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